Beuron und Berlin haben die Ampel abgewählt – aber auf unterschiedliche Weise

Beuron und Berlin haben nicht viel gemeinsam. Hier die stagnierende kleine ländliche Gemeinde, dort die attraktive Millionenstadt, die stark wächst. Beuron und Berlin haben allerdings beide bei der Bundestagswahl 2025 die bisherige Regierung abgewählt. Dabei stimmten sie sehr unterschiedlich ab. Das hat vor allem mit der Linken und der AfD zu tun.

Zunehmende Polarisierung

Die Unterschiede in den Parteipräferenzen in Beuron und Berlin haben gegenüber 2021 insgesamt um 25 Prozent abgenommen. Aber in Berlin hat die Linke deutlich zugelegt und wurde mit 19,9 Prozent die stärkste Partei. In Beuron ist die CDU ohne größere Verluste die stärkste Partei geblieben. Die AfD hat ihren Stimmenanteil deutlich erhöht.

In Berlin liegt die CDU etwa 15 Prozentpunkte unter dem Ergebnis in Beuron. Umgekehrt hat die Linke in Berlin etwa 15 Prozent mehr Stimmen erhalten als in Beuron. Bei der AfD gibt es kaum einen Unterschied zwischen Beuron und Berlin.

Quelle: Harald Sondhof

Die Wähler in Beuron und Berlin sind sich einig in der Abwahl von SPD, Grünen und FDP. Sie unterscheiden sich aber mehr denn je in der politischen Ausrichtung. Das war 2021 noch anders. Vor vier Jahren gab es in Beuron und Berlin jeweils eine Regierungsmehrheit für SPD, Grüne und FDP. 2025 ging Berlin nach links, Beuron nach rechts.

Das Wahlergebnis von 2025 bedeutet ein wachsende Polarisierung. Bei den kleineren Parteien sind die Präferenzen in Beuron und Berlin einheitlicher geworden, bei den Wahlsiegern ist die Differenz dagegen gewachsen.

Insgesamt gesehen gibt es heute in Berlin unter Einbeziehung der Linken eine absolute Mehrheit für links, in Beuron unter Einbeziehung der AfD eine absolute Mehrheit für rechts.

Erfolg für die Linke in Berlin

Der hohe Stimmenanteil der Linken ist eine Berliner Besonderheit. Die Partei, die ihre Wurzeln u.a. in der SED hat, hat in Berlin traditionell eine starke Position. Nur über die in Berlin gewonnenen Direktmandate schaffte die Linke 2021 überhaupt den Einzug in den Bundestag. Die 5-Prozent-Hürde konnte sie bundesweit nicht überspringen.

Quelle: Immobilienzeitung/Keno Feldhaus

Als Berliner nimmt man die Linke als Enteignungspartei wahr. Sie will die großen Immobilienunternehmen, vor allem die Deutsche Wohnen SE (heute Teil der LEG Immobilien SE) in staatlichen Besitz bringen. Unabhängig von der Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens hat die Linke viele Berliner mobilisieren können. In einem Volksentscheid sprachen sich fast 60 Prozent für die Enteignung aus.

Neben aktuellen Entwicklungen hat das Thema Wohnen den Linken in Berlin am meisten geholfen. In Beuron mit seinem großen Bestand an leerstehenden Wohnungen ist das Interesse an den Linken entsprechend geringer.

AfD zweitstärkste Partei in Beuron

Der Zuwachs bei der AfD ist nicht auf Beuron beschränkt. Die Stimmen für die AfD haben sich in Beuron mit über 19 Prozent mehr als verdreifacht. Während die AfD 2021 in Beuron schlechter abschnitt als in Berlin, liegt diesmal das Beuroner Wahlergebnis der AfD sogar leicht über dem in Berlin. 

Lokale Themen haben die AfD in Beuron kaum groß gemacht. Die einzigen Flüchtlinge im Ort sind Ukrainer, die alle arbeiten und deren Kinder erfolgreich die Schule besuchen.

In Berlin sieht es anders aus. Dort sind die Flüchtlinge sichtbar. Wer als Flüchtingshelfer in Berlin-Tegel, dem größten Flüchtingslager in Berlin, gearbeitet hat, versteht den Unmut. Tegel ist eine Zeltstadt, die der Berliner Senat nicht haben wollte. Aber sie ist da. Die Unterschiede zwischen den ukrainischen Geflüchteten und den „normalen“ Asylbewerbern sind so drastisch, dass das nicht übersehen werden kann.

Der AfD hat bundesweit und in Beuron geholfen, dass sich die Parteien in der Mitte nicht einigen konnten, wie damit umzugehen ist. Auch in den USA hat das Thema Immigration die Präsidentenwahl stark beeinflusst.

Wo sich Beuron und Berlin gleichen

Demokratien können sich selbst abschaffen, wenn rechte oder linke  Populisten in der Gesellschaft Gehör finden. Die Stärkung der extremen Parteien im linken und rechten Parteienspektrum ist das Ergebnis einer zerstrittenen Mitte.

Quelle: Harald Sondhof

Und so bedeuten die Wahlergebnisse in Beuron und Berlin nicht nur die Ablehnung der Ampel-Koalition. Sie bedeuten auch, dass der politische Graben zwischen Beuron und Berlin tiefer geworden ist. Das sollte zu denken geben.

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