BeuronBerlin folgt den Nachrichten in China, weil Deutschland von China abhängiger ist als es vielen bewusst ist. In dem berühmten Bonmot der diplomatischen Szene spielen drei Länder eine Rolle: Der Wohlstand Deutschlands, so heißt es, basiere auf günstiger Energie aus Russland, dem militärischen Schutz der USA und der billigen Produktion in China. Man mache den Test: Wer sich in seinem Haus oder seiner Wohnung die in China produzierten Waren wegdenkt, säße nicht selten im Dunklen, im Kalten und auf dem Trockenen.
In einer Welt, in der das Recht des Stärkeren zählt, und nicht die internationale Rechtsordnung, scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, wann China das demokratische Taiwan angreift und erobert. Aber wie sicher ist das?
Der Mann, der alles in China entscheidet
Seit seinem Amtsantritt im März 2013 ist Xi Jinping der wichtigste Mann in China. Und einer der mächtigsten Menschen auf unserem Planeten. Denn er hat in seinem Land keine ernstzunehmenden Widersacher, anders als etwa Donald Trump. Der muss immerhin einige Richter fürchten.
Xi Jinping
Wenn BeuronBerlin vorzeitig sein Schreiben einstellt, ist dafür dieser freundlich schauende Mann oder der eher etwas verklemmt daherkommende Putin verantwortlich, bzw. einer ihrer Geheimdienste. Aber zum Glück ist dieser Blog unbedeutend für die Welt.
Als Angehöriger der Kaste der Ruheständler in einem westlichen Land kann sich BeuronBerlin den Luxus leisten, im „Neuland“ (O-Ton Angela Merkel) nach Informationen zu suchen. Leider sind nicht alle Schlüsse, zu denen Ihr Berichterstatter kommt, durch den Glauben an die gute Zukunft unseres Planeten geprägt.
ChinaDaily, EconomicDaily, Toutiao und Co.
Man braucht nicht lange suchen, um in der chinesischen Berichterstattung etwas Negatives über Taiwan zu finden. Dank der Übersetzungsfunktion moderner Browser kann jeder die früher unverständlichen chinesischen Texte lesen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Inhalte der Berichte vollständig von staatlichen Stellen vorgegeben werden.
Die Propaganda-Abteilung der Kommunistischen Partei Chinas gibt es seit 1923. Sie wurde nach dem Vorbild von Lenins KP gebildet. Es ist bedrückend zu sehen, wie die Unterdrückungsapparate der Welt sich gleichen und wie lange sie sich halten.
Staatliche Presseorgane wie ChinaDaily, die auf Englisch erscheint, und die chinesischsprachige Economic Daily haben enorme Reichweiten. Noch wichtiger als ihre Auflage ist die Bedeutung ihrer Meinungsführerschaft. Davon darf nicht abgewichen werden.
Ein Bericht in EconomicDaily am 17.März 2025
Seit etwa zwanzig Jahren können auch private Webseiten in China Nachrichten verbreiten. Toutiao ist einer der größten chinesischen Nachrichten-Aggregateure. Der chinesische Schriftzug im Beitragsfoto bedeutet „Aktuelle Nachrichten“.
Die Seite wird vor allem von jungen Chinesen gelesen, täglich sollen es mehr als 120 Mio. sein. Eine Besonderheit besteht darin, dass nicht nur Texte von der staatlichen Presse aufgelistet werden, sondern auch private Blogs von über 200.000 Content Providern. Man darf annehmen, dass keine abweichende private Stimme an der allumfassenden Zensur der KP vorbeigeht. Auf dieser Seite werden täglich Berichte über den „notwendigen Angriff“ auf Taiwan angezeigt.
Ein interessantes Detail: Der Gründer von Toutiao ist auch der Gründer von TikTok. Seine Holding heißt Bytedance. Sie ist im Fokus der USA wegen ihrer vermuteten Staatsabhängigkeit. Zhang, der Gründer, ist einer der reichsten Menschen der Welt.
Die Taiwan-Story aus Sicht von China
Die Parallelen zwischen der Ukraine und Taiwan sind offenkundig. Aus der Sicht der imperialistischen Nachbarn Russland und China gehören sie „heim ins Reich“. Die Ukraine und Taiwan sind dabei jeweils unabhängige Gebiete, die seit Jahrhunderten ihre eigene schwierige Geschichte haben. Es gibt allerdings Unterschiede.
Im Falle von Taiwan basiert der Herrschaftsanspruch von China im Grunde auf der Niederwerfung der Ureinwohner der Insel durch die Holländische Handelsgesellschaft im 17. Jahrhundert. Dies geschah mit Hilfe der zur Einwanderung aufgeforderten Han-Chinesen vom chinesischen Festland. Im Jahr 1662 endete die Herrschaft der Niederländer nach ihrer Niederlage gegen einen General der untergehenden Ming-Dynastie, der vom Festland auf die Insel geflohen war.
Nur wenige Jahre später, im Jahr 1682 setzte sich auf dem Festland und in Taiwan die Qing-Dynastie unter Kaiser Kangxi durch. Die Qing-Dynastie betrachtete danach erstmals Taiwan als, wenngleich unbedeutenden, Teil von Festland-China.
Kaiser Kangxi (1661–1722)
Der heutige Anspruch Chinas auf Taiwan ist also das Ergebnis einer historischen Entwicklung, die von einer europäischen Kolonialmacht maßgeblich bestimmt wurde.
Das japanische Intermezzo
In dem hierzu wohl korrekten deutschen Wikipedia-Eintrag heißt es für die Folgezeit:
„Nach dem Ende des ersten chinesisch-japanischen Krieges 1894/95 musste China die Insel (Taiwan) im Vertrag von Shimonoseki an Japan abtreten. Die gegen den Vertrag protestierende Bevölkerung gründete mit der „Demokratischen Nation Taiwan“ eine unabhängige, Qing-loyale Republik (des Festlandes). Die Japaner schlugen diese erste Republik nach 184 Tagen nieder und begannen eine 50-jährige Kolonialherrschaft (1895–1945).“
Die Herrschaft der Japaner über Taiwan war von gemischter Qualität. Darüber publizierte u.a. Nadine Heé.
Ein Buch über die japanischen Herrschaft über Taiwan
Es ist allseits bekannt, dass Deutschland und Japan den Zweiten Weltkrieg verloren haben. Kaum bekannt ist, dass sich die Alliierten 1943 einig waren, die unter japanischer Herrschaft stehende Insel Taiwan an Festland-China zurückzugeben. Auch damit begründet die heutige chinesische Führung ihren Anspruch auf Taiwan.
Das bisher letzte Kapitel
Auf dem Festland gab es nach dem Ende der chinesischen Kaiser erhebliche Unruhen. Mao Tse Tung, der spätere Massenmörder, setzte sich als Kommunistenführer am Ende gegen den Chian Kai-Shek durch. Letzterer floh mit seinen Anhängern 1949 auf die Insel Taiwan und errichtete dort eine „Entwicklungsdiktatur“. Taiwan war der Rückzugsort für Millionen seiner Anhänger der Kuomintang. Bis 1992 war Taiwan eine Diktatur unter der Kuomintang.
Wieder Wikipedia: „Trotz des repressiven politischen Regimes, das durch die allgegenwärtige Angst vor einem kommunistischen Umsturz motiviert war, veranlasste die Kuomintang-Regierung wichtige wirtschaftliche und soziale Reformen, die die Entwicklung des Landes voranbrachten.“
Die Vorbereitung der Invasion durch China
BeuronBerlin fragt sich: Was bringt eine mächtige Person dazu, wegen einer historisch fadenscheinig begründeten Idee, eine große Zahl von Menschen umzubringen? Der Krieg in der Ukraine hat in drei Jahren mindestens 300.000 Tote gefordert, und weiterer Hundertausende, die für ihr Leben verstümmelt und gekennzeichnet sind. Die Invasion der Insel Taiwan, auf der mehr als 23 Mio. Menschen leben, wird ebenfalls Hundertausenden den Tod bringen.
Nachricht auf Toutiao am 17. März 2025
Solche Nachrichten finden sich täglich auf chinesischen Webseiten. Da das Thema Taiwan von höchster Stelle immer wieder in Erinnerung gebracht wird, kann man einen Plan annehmen. Für die Welt und für viele unschuldige Opfer bedeutet das nichts Gutes.
Wie wahrscheinlich ist ein Angriff Chinas auf Taiwan? BeuronBerlin weiss es natürlich nicht. Aber das Gefühl ist nicht weit entfernt von dem, das BeuronBerlin Anfang Februar 2022 für die Ukraine hatte. Kein gutes Gefühl.
Danke Harald für die Einschätzung,
ich denke aber, dass die Eroberung Taiwans nicht zwingend in naher Zukunft bevosteht. Aus folgenden Gründen:
Ich hoffe also, dass Du Unrecht hast.
https://www.economist.com/briefing/2025/05/01/chinese-military-exercises-foreshadow-a-blockade-of-taiwan
Danke für deine geschichtliche und politische Einordnung. Wenn ich die Entwicklung und die Landkarte betrachte wird auch deutlich, dass es China nicht nur um Taiwan, sondern auch um die Herrschaft im chinesischen Meer geht. Da geht es um Schifffahrtsrouten und um Fischereirechte. Es gibt Berichte, dass z. B. die philippinischen Fischer von chinesischen Kriegsschiffen massiv bedroht werden. Die Welt ist so unsicher wie lange nicht.
Heidi Merkle