Der Weg in die Unfreiheit ist kurz – Warum Paul Briel in Beuron fehlt

Paul Briel, 1934 geboren, war ein hoch angesehener Neidinger Mitbürger. Er stellte Ende 2019 Ausschnitte seiner Lebenserinnerungen in meiner Fallhütte vor. Die Passagen, die die Zuhörer tief bewegten, schilderten aus Sicht eines Kindes die Ächtung seines Vaters und seiner Familie in der Nazizeit. Durch ehrenwerte Nachbarn. Da er seine Memoiren selbst nicht mehr vorlesen konnte, übernahmen das zwei seiner Töchter.

Helga Briel, Pauls Frau, kamen in der Erinnerung die Tränen. Ich habe eine Tonaufnahme der Lesung. Leider verstarben beide nicht lange nach diesem denkwürdigen Abend.

Es gibt immer weniger Zeitzeugen, die von den Kosten der Unfreiheit, von der Isolierung kritischer Geister und der Realität einer Diktatur berichten können. Umso wichtiger wird das Andenken an sie. Denn der Homo Sapiens war und ist anfällig für autoritäre Politiker und die Unterdrückung unbequemer Zeitgenossen.

Autoritäre Regimes auf dem Vormarsch

Wenn ein Mensch sich allen anderen überlegen fühlt, wenn er weder Kritik noch Widerspruch zulässt, bezeichnet man ihn als „autoritär“. Eine autoritäre Herrschaft lässt keine anderen Meinungen zu und verhindert, dass Zeitungen und andere Medien kritisch berichten können. Dies ist der Fall, wenn nur eine einzige Partei oder Familie das Sagen hat.

Wer sich in der Welt umschaut, wird feststellen, dass wieder mehr Länder autoritäre Regimes haben. Vor dreißig Jahren war die Karte des Economist weniger rot gefärbt.


Quelle: The Economist

In einem autoritären System darf der normale Bürger nicht frei sprechen. Er muss aufpassen, was er sagt. Er darf bei politischen Entscheidungen nicht mitwirken. Er hat nicht alle beruflichen Optionen, denn wichtige Positionen werden mit Personen besetzt, die den Diktator, seine Partei oder seine Familie unterstützen.

Der Bösewicht ist nie allein. In meiner Jugend wunderte ich mich, warum der Gegenspieler von James Bond immer viele loyale Mitarbeiter hatte. Alle autoritären Systeme stützen sich auf einen Teil der Bevölkerung. Dieser Teil übt die Kontrolle über die Polizei, das Militär und den Geheimdienst aus.

Über kurz oder lang scheitern alle autoritären Systeme. Aber meist unter großen menschlichen Opfern.

Einschränkung der Redefreiheit

Ich arbeitete nach dem Ende der Sowjetunion einige Jahre in Russland. So konnte die unerbittliche Entwicklung eines unter Jelzin freien Landes in eine erneute Diktatur miterleben. Der Weg in die Diktatur dauerte nicht viel mehr als 10 Jahre.

Die erste Verfassung der 1991 gegründeten Russischen Föderation sicherte noch Freiheit, gleiche Rechte für alle und politische Teilhabe zu. Putins Amtsantritt als Präsident am 31. Dezember 1999 war der Anfang vom Ende der russischen Demokratie.

Die Presse- und Redefreiheit war das erste Opfer. Schon 2001 wurden die unabhängigen privaten Fernsehsender geschlossen. Dann kamen die Zeitungen dran. Zuletzt das Internet. Heute ist Russland ein Polizeistaat, dessen Blockwarte die Bürger so überwachen, wie es nur die soziale Kontrolle in einem Dorf schafft.

Wehret den Anfängen!

Die Väter des deutschen Grundgesetzes machten unsere Demokratie wehrhaft. Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. Außerdem sind alle Bürger gleich, unabhängig von Position, Meinung oder Geschlecht.

Aber trotzdem muss auch der einzelne Bürger wachsam sein. Jeder ist aufgerufen, Intoleranz gegenüber anderen Meinungen und die Aussonderung kritischer Stimmen öffentlich zu verurteilen.

Vor allem, wenn gewählte Politiker ihre Position und ihr Amt für autoritäre Anwandlungen missbrauchen.

 

Erich Kästner formulierte es 1958 so: Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Eine Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie jeden menschlichen Anstand unter sich begraben hat.

Unnötige Schwarzmalerei?

Der Blog BeuronBerlin ist Ende August 2024 mit einem Beitrag über eine deutsch-ukrainische Veranstaltung gestartet. Bis Ende 2024 sind insgesamt 16 Beiträge erschienen. Fünf davon behandeln die Beuroner Lokalpolitik.

Drei Mal berichtete BeuronBerlin über die Frageviertelstunde der Gemeinderatssitzung und das Protokoll der Sitzung im Amtsblatt. Ein Beitrag behandelt die Erfahrungen eines Kandidaten für die Bürgermeisterwahl (dieser ist auch der Blogger). Ein weiterer Beitrag macht konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Lebenssituation in der Gemeinde Beuron.

Eine kleine Gruppe von Gemeinderäten, Freunde des mit knapper Mehrheit gewählten Bürgermeisters, kann offenbar mit den in BeuronBerlin vertretenen Ansichten nicht leben. Dabei geht es nur um relativ triviale Dinge wie ein unnötiges Baugebiet und eine Gemeindereform.

Der 2. Bürgermeister betrieb zum Jahresende aktiv den Ausschluss des Betreibers von BeuronBerlin aus der Neidinger Dorfgemeinschaft.

Quelle: Harald Sondhof

Wenige Tage nach dem überraschenden „Es reicht!“ verleumdete ein Komplize des 2. Bürgermeisters den Blog und seinen Betreiber in einer Weise, dass die WhatsApp-Gruppe „Neidinger Dorfgemeinschaft“ geschlossen werden musste. Die Gruppe wurde auf Initiative des Blog-Betreibers vor Jahren überhaupt erst eingerichtet.

Der Helfer, einige hier haben ihn als „nützlichen Idioten“ des 2. Bürgermeisters bezeichnet, kennt den Blogger von BeuronBerlin über allgemeine Grußflloskeln hinaus persönlich gar nicht.

Die Absonderung des Bloggers fand nicht nur am Tag des Begräbnisses der Mutter des Bloggers statt (was bekannt war). Sondern verletzte vor allem die Familie des Bloggers, die an dem Tag in Neidingen versammelt war.

Der ausgesonderte Blogger und Bürger von Neidingen erhielt zahlreiche wohlmeinende Zuschriften. Aber keiner traute sich, öffentlich gegen den 2. Bürgermeister Position zu beziehen.

Man stelle sich einmal vor, wir würden in einer Diktatur leben. Was hätten der 2. Bürgermeister und sein wackerer Mitstreiter wohl bewirkt?

Zur traurigen Wahrheit gehört, dass der Helfer ein Verwandter des 2020 verstorbenen Paul Briel ist. Ich weiß nicht mehr, ob er bei der Lesung von Paul Briel im Jahr 2019 dabei war. Aber der heutige 2. Bürgermeister war da. Er ist mit einer der beiden Töchter von Paul Briel verheiratet, die die Erinnerungen ihres Vaters vorlasen.

Paul Briel fehlt.

 

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