BeuronBerlin ist an die Situation der 90er Jahre in der Russischen Föderation erinnert. Damals tobte der Kampf um Unternehmen, Exportlizenzen und Rohstoffe. Viele der russischen Milliardäre haben damals den Grundstock für ihre Vermögen gelegt.
Aber hier in Beuron? Um Reichtümer geht es nicht. Es geht um Umverteilung: Offenbar sollen zwei touristische Institutionen in Beuron neu vergeben werden.
Betroffen ist das Café Auszeit, das es ohne das persönliche Engagement einer Hausener Bürgerin gar nicht gäbe. Und der Campingplatz Wagenburg, in den der Betreiber viel investiert hat.
Café und Campingplatz sind zwei der wenigen touristischen Fixpunkte in einer Gemeinde, die die Chancen des Tourismus bisher kaum nutzt.
Was passiert mit dem Café Auszeit?
Das Gebäude des Café Auszeit gehört dem Hausener Tennisverein Der Verein leidet seit Jahren unter Mitgliederschwund. Nicht überraschend, da sich in den letzten 40 Jahren die Bevölkerungszahl in Beuron auf 650 Einwohner halbiert hat. Die Jugend verschwindet aus der schrumpfenden Gemeinde.
Vor fünf Jahren hatte eine Hausener Bürgerin die damals verwegene Idee, aus dem leerstehenden und kaum genutzten Tennisheim ein kleines Café zu machen. Gut gelegen. Aber ohne großes finanzielles Potential.
Tatsächlich hat sich das Café Auszeit zu einem gerne besuchten Treffpunkt für Menschen aus der Gemeinde und von auswärts entwickelt. Wer einmal den Sonnenuntergang im Café Auszeit erlebt hat, der kennt den Grund. Die Betreiberin war immer auch ein Grund zu kommen. Sie ist freundlich, offen und hilfsbereit.
Foto: LEADER
Für das Café Auszeit gab es einen Fünf-Jahres-Vertrag. Der Vertrag sah die Option der Verlängerung um weitere fünf Jahre vor. Nichts schien darauf hinzudeuten, dass eine Seite gegen die automatische Vertragsverlängerung ist.
Für die Betreiberin kam, wie sie sagt aus heiterem Himmel, per Einschreiben die Nachricht, dass der Tennisverein die Verlängerungsoption nicht nutzt und deswegen den Pachtvertrag kündigt.
Gemeinderat: Das Gerücht ist falsch
In der Gemeinde kursieren Gerüchte. Eines lautet, dass ein Beuroner Gemeinderat einen Deal mit dem Tennisverein gemacht habe. Denn vor Jahren war er beobachtet worden, als er das Gelände des Vereins ausmass. Wegen einer Krankheit der Pächterin während der Vertragslaufzeit schien das Tennisheim wieder zu haben zu sein.
Dem Gerücht zufolge wolle er dort Wohnfässer aufstellen und das Tennisheim mitbetreiben.
Auf direkte Nachfrage von BeuronBerlin antwortete der betroffene Gemeinderat, dass er das Gerücht kenne, es aber nur ein Gerücht sei. Auch innerhalb des Gemeinderats hat er ein Interesse an der Übernahme des Pachtvertrags verneint.
Bleibt die Frage, was der Tennisverein jetzt mit seinem Gebäude vorhat. Der Verein hat auf Kontaktversuche von BeuronBerlin nicht reagiert.
Ergänzung: Nach dem Medienecho äußerte sich der Vorstand des Tennisvereins mit einer eigenen Stellungnahme. Der Vorstand war in einem mehrwöchigen Urlaub gewesen. Aus Sicht des Vereins gab es während der Laufzeit des Vertrags eine Reihe von schwerwiegenden Punkten, die nicht zufriedenstellend geklärt werden konnten.
Aus Sicht der Außenstehenden ist nicht zu klären, was am Ende zur Kündigung des Pachtverhältnisses geführt hat. Jedenfalls ist das Ganze sehr schade.
Wenig wahrscheinlich ist, dass das Café Auszeit keine Nachfolge findet. Zu gut hat sich das Café etabliert. Und der Verein hatte sichere Pachteinnahmen. Es muss also einen noch Unbekannten geben, der im Gespräch mit dem Verein ist.
Campingplatz: Zukunft offen
Der Campingplatz Wagenburg gehört zu den schönsten Campingplätzen Deutschlands. Er ist bei den Gästen auch deshalb beliebt, weil der Betreiber auf Schnick-Schnack und laute Musik verzichtet. Hier kann man noch campen wie vor 50 Jahren. Das ist das Verdienst des Mannes, der den Campingplatz seit mehr als 20 Jahren betreibt.
Für diesen Beitrag gab es im Übrigen keinen Kontakt mit dem Betreiber des Campingplatzes.
Quelle: Mademyday/Internet
Der Campingplatz verzeichnet weit mehr Übernachtungen als alle anderen Übernachtungsangebote in der Gemeinde zusammengenommen. Dabei ist er nur von Mai bis September geöffnet. Weil es in Hausen keine Nahversorgung mehr gibt und alle Gasthäuser geschlossen wurden (die Pizza Mamma Mia hat erst dieses Jahr eröffnet), sind die meisten Touristen Selbstversorger.
Aber über die Gewerbesteuer hat die Gemeinde vom Erfolg des Campingplatzes profitiert. Nach einer Schätzung von BeuronBerlin dürfte der Campingplatz Wagenburg der größte Gewerbesteuerzahler der Gemeinde sein.
Wie für die Betreiberin des Café Auszeit kam auf für den Betreiber des Campingplatzes die Kündigung des Pachtvertrags für zwei Drittel der genutzen Fläche wohl überraschend. Ein Schlag für den Betreiber, der die diesjährige Saison auf dem Restplatz eröffnen musste.
Die große Fläche direkt daneben ist ungenutzt. Immerhin hat irgendjemand dort letzte Woche den Rasen gemäht.
Ende des Pachtvertrags, um Wert zu mindern?
Wie im Falle des Café Auszeit gibt es nur Gerüchte über die Hintergründe. Gesichert scheint zu sein, dass ein Bruder eines Beuroner Gemeinderates der eigentliche Eigentümer der bisher vom Campingplatzbetreiber gepachteten Fläche ist. Dieser Mann wohnt nach den vorliegenden Informationen nicht in der Gemeinde.
Es heißt weiter, der Gemeinderat habe seit langem keinen Kontakt zu seinem Bruder mehr. Vermittlungsversuche von dritter Seite seien gescheitert.
Man kann nur spekulieren: Der Wert für den erst in den letzten Jahren sanierten und erweiterten Verwaltungs- und Sanitärtrakt der Anlage ist zusammen mit der gesamten Fläche deutlich höher als er es mit der verbliebenen Restfläche ist.
Vielleicht will ein noch unbekannter Akteur den Campingplatz in der geschrumpften Form preisgünstig übernehmen. Dieser Akteur ist vermutlich mit dem Eigentümer der angrenzenden Fläche im Austausch. Und kann später die Fläche wieder pachten.
Es gibt nur Verlierer
Der Campingplatz in Hausen wird als touristisches Unternehmen mit Sicherheit bestehen bleiben. Zu profitabel ist das Geschäft. Aber wie die Claims in aller Öffentlichkeit und trotzdem im Geheimen neu abgesteckt werden, ist schon merkwürdig.
Alle finanziellen Ansprüche hätte man in Ruhe vertraglich lösen können, damit der Betrieb ungestört bleibt.
So nehmen alle Schaden: Der Betreiber des Campingplatzes, der Verpächter, dessen Ruf leidet, der neue Betreiber, der nicht offen spielt, die Gemeinde, die dieses Jahr auf einen Teil der Gewerbesteuer verzichten muss und ganz zum Schluss die Touristen, die nur noch einen kleinen Campingplatz nutzen können.
Der Bürgermeister ist gefordert
Die Vorgänge um das Café Auszeit und den Campingplatz Wagenburg machen Beuron keine Ehre. In der kleinen Gemeinde kennt jeder jeden. Es darf gewettet werden, dass es im Ort Personen gibt, die die Hintergründe kennen, wenn sie nicht selbst die Strippenzieher sind.
In einer solchen Situation ist ein Bürgermeister aufgefordert, zwischen den Parteien zu vermitteln. Er hat durch sein Amt die notwendige Autorität. Vielleicht geschieht das derzeit im Hintergrund. Es wäre ihm dabei Erfolg zu wünschen.
Es ist auch ein positives Signal, wenn verdiente Bürger wie die Betreiberin des Café Auszeit und der Betreiber des Campingplatzes Wagenburg in dieser Lage nicht von der Verwaltung allein gelassen werden.
BeuronBerlin hat Hans-Peter Wolf um eine Stellungnahme zu den Vorgängen gebeten. Leider hat er nicht geantwortet.
Screenshot: Harald Sondhof
Möglicherweise hilft die Petition, die der Ehemann der Betreiberin des Café Auszeit gestartet hat, mehr als die Hoffnung auf den Bürgermeister. Bis zum Erscheinen dieses Beitrags forderten bereits 450 namentlich bekannte Personen, die Kündigung des Pachtverhältnisses zurückzunehmen.
Das sind deutlich mehr als die, die in der ganzen Gemeinde Beuron üblicherweise zu Wahlen gehen.