Vom Tanzen zum Lesen – Die Evolution des werbenden Mannes

Vor genau 100 Jahren ist nicht nur der erste Neidinger Dorfladen (in der Gemeinde Beuron) eröffnet worden. Im Jahr 1925 erschien in Berlin auch das bis heute führende Werk über die Geschichte des Tanzes. Der Autor, Max von Boehn aus baltischem Adel, beschreibt, wie Männer seit der Antike rhythmische Bewegungen ihrer Beine, Arme und Körper einsetzen, um die Aufmerksamkeit ihrer Umgebung zu erhalten.

Das Beitragsbild mit dem tanzenden Mann (auf Englisch: Dancing Man) stammt aus dem Jahr 1490. Wie man sieht, ist sein Gegenüber zurückhaltend. Die Mundwinkel der Dame scheinen heruntergezogen zu sein. Ihre Geste kann als „Ach lasse es doch!“ interpretiert werden. Aber er gibt sich redlich Mühe. Auf dem Kopf balanciert er etwas, was wie ein Drehkreisel aussieht. Geholfen hat im der Wein aus der Karaffe, die neben ihm auf dem Boden steht.

Aber mit den Tanzen geht das heute nicht mehr.

Heute lesen Männer

Auf Instagram stieß BeuronBerlin wie Millionen andere Gender-Forscher auf ein Konto mit dem Titel: hotdudesreading. Man kann das mit „Heiße Kerle beim Lesen“ ins Deutsche übersetzen. Die Seite hat den Betreiber reich gemacht. Tatsächlich ist hotdudesreading die moderne Version des Werkes von Max von Boehn. Die moderne Botschaft lautet: Tanzen ist out, Lesen ist in. In seiner Wirkung kann dieses Instagram-Konto mit der des Buches (!) von Max von Boehn verglichen werden.

Männer lesen heute, um sich interessant zu machen. Hat sich der männliche Homo Sapiens weiter entwickelt? Das ikonische Foto eines Mannes am Strand an, der in allergrößter Hitze ein Buch in der Hand hält, lässt diesen Schluss zu.

Quelle: Collage

Unter dem Bild des schwitzenden Mannes mit Buch ist folgende Literaturkritik eines Instagram-Mitgliedes zu lesen:

“Writing this caption in Spanish so this hot plate of paella knows I’m good with the local tongue: ¿Come se dice, “yo qiero ‘tappa dat ass’”?”

(Ungefähre Übersetzung: „Ich schreibe meine Rezension auf Spanisch. So weiß der coole Typ, dass ich gut mit dem lokalen Akkzent umgehen kann: Wie sagt man: Ich möchte tappa dat ass [nicht übersetzbar]?)

BeuronBerlin sieht die Evolution am Werk. Bilder auf Instagram sind die Bücher von heute. Die Rezensionen sind sprachliche Kunstwerke. Kurz, knapp und präzise. Deswegen wird BeuronBerlin zukünftig auch auf Instagram aktiv werden. Das Neuland, wie es Frau Merkel nannte, muss betreten werden.

Ein Zwischenschritt der männlichen Evolution soll aber nicht verschwiegen werden.

Das Ende der „Miserable Men“?

Zwischen dem Tanzen und dem Lesen beherrschte eine andere männliche Figur das Internet, die bis heute nicht vergessen ist. Es ist der Mann, der beim Shoppen seiner engeren Umgebung in Agonie verfällt.

Quelle: Instagram/Collage

Drei Dinge kennzeichnen den „Miserable Man“ (auf Deutsch: Armseliger Mann): Er bewacht die bereits getätigten Einkäufe. Er befindet sich in irgendeiner Ecke, wo man ihn nicht sieht. Und er hat vor Erschöpfung die Besinnung verloren. War das auch ein evolutionärer Fortschritt?

BeuronBerlin findet den „Reading Man“ (auf Deutsch: Lesender Mann) zeitgemäßer.

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Michael Wendenburg

Das „ikonische Foto“ des lesenden Mannes am Strand habe ich gefunden, aber der Sinn der Bildunterschrift verschließt sich mir, obwohl oder vielleicht weil ich des Spanischen halbwegs mächtig bin. Schönen Gruß aus Zahara de los Atunes, wo es zu levante-windig-heiß ist, um am Strand zu lesen. Von der Hitze des immer noch schwelenden Buschbrandes in der Nähe ganz zu schweigen. Michael

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